Wenn du mir das Wasser reichen willst, bring auch gleich Seife mit.

Über Affen, zu denen man sich macht, die aber in einem anderen Zirkus spielen. Über den Geschmack von Seife, und warum sich manche Menschen damit den Mund auswaschen sollten. Ich eingeschlossen. 

 

Vor dreieinhalb Jahren gab ich mein Debüt auf der Autorenbühne. Sowas von grün hinter den Ohren, dass ich geneigt war, mir Moosentferner dahinterzuschmieren, und so enthusiastisch, dass mich nur wenig gebremst hat.

 

Von der anfänglichen Naivität habe ich das meiste verloren, den Raum nehmen nun gleichermaßen Selbstsicherheit und Verunsicherung ein.

 

Nach Tausenden verkauften Büchern, unzähligen Leserunden, Treffen, Posts, Kommentaren und Interviews gehe ich sicherer denn je mit der Berufsbezeichnung um, die ich selbst gewählt habe. Autorin. (Über mein Verhältnis zum Wort „Schriftstellerin“ erfahrt ihr hier mehr.) Nicht als Nebenjob, nicht als gelangweilte Hausfrau, nicht als Hobby. Freiberuflich. In „Nun sag‘, wie hast du’s mit der Kohle?“ habe ich bereits angerissen, dass ich vom und mit dem Schreiben leben kann. Genauer werde ich auch hier nicht darauf eingehen, außer dass ich noch anfüge, dass es tatsächlich Menschen gibt, die mich dafür bezahlen, dass ich etwas für sie schreibe bzw. etwas, das sie geschrieben haben, gemeinsam mit ihnen überarbeite.

 

In den dreieinhalb Jahren habe ich mehr über die deutsche Sprache  gelernt als in meiner gesamten Schul- und Universitätszeit. Ich habe eine Mentorin gefunden, die sich selbst noch nicht mal als solche sieht, die ich aber immer im Ohr habe, wenn ich einen Text überarbeite. Danke, Vero!

 

Ich habe Freund*innen gefunden, die mir sagen, ob ich im Wald noch die Bäume und Eichhörnchen sehe, oder schon längst mit Karacho vor den Baumstamm gedonnert bin, ohne es in meinem Eifer zu merken. Danke, Tamara, Anna und Dana.

 

 

Auch wenn ihr selbst euren Beitrag als klein und unwichtig empfindet, ihr habt mich auf meinem Kurs gehalten oder ihn korrigiert. Ihr, die vielen Rezensent*innen und stillen Leser*innen seid es, die mir das Selbstvertrauen geben, mit denen ich Lesungen abhalte, Bücher signiere, meine Visitenkarten drucken lasse und mich als Autorin bei Geschäftspartnern vorstelle. Mit dem ich meine Vita schreibe und in den sozialen Medien um Aufmerksamkeit werbe.

 

Die dunkle Seite der Macht

 

 

Und dann sind da diese Menschen, die mich indirekt und unbewusst einschüchtern. Die vielleicht Ähnliches machen wie ich, oder was ganz anderes. Die von mehr Menschen bejubelt werden, oder von weniger, aber dafür umso frenetischer. Die besser sind. Im Vorgeben, was sie sind. Was sie erreicht haben. Was sie können.

 

Die locker und leicht, zumindest hat es den Anschein, für ihre Bücher werben. Denen man glaubt, dass sie was richtig Gutes geschrieben haben. Die einem gefallen, weil sie einem gefallen müssen, weil sie bekannter und höher frequentiert sind. Die man aber vermutlich nicht gesehen hätte, wenn sie sich nicht dauernd wie Tarzan auf die Brust schlagen und für die eigene Sache trommeln würden. Die besser vernetzt sind. Die für ein bestimmtes Publikum schreiben. Die man einfach beneiden muss, weil sie so gut sind. So gut darin, sich selbst zu vermarkten. So gut darin, das, was sie geschrieben haben, als gut zu verkaufen. Denen es am Arsch vorbeizugehen scheint, wenn sich das Borstenvieh an ihnen schubbert. Die im stillen Kämmerlein auch nichts anders tun, als ihre Selbstzweifel zu Papier zu bringen, aufzuhübschen, ihnen Leben einzuhauchen und zu hoffen, dass auch diese wieder gelesen werden.

 

Neid habe ich nicht auf die, die sich über Umsatz definieren. Gewiss nicht. Sich ausnahmslos zu verkaufen, nur für das Publikum und nicht mehr für und aus sich selbst zu schreiben, wohnt mir nicht inne, und ich wünsche mir keinen Erfolg daraus. Ein kleines bisschen Wehmut empfinde ich allerdings dann, wenn jemand ein Herzensbuch geschrieben hat, es erfolgreich vermarktet und sich öffentlich darüber freut. Weil ich dieses Freuen, Mich-selber-Gutfinden nicht kann. Weil man mir eingetrichtert hat, dass Eigenlob stinkt, und mir nur wenig peinlicher wäre, denn als Stinker bezeichnet zu werden.

 

Ich neide nicht den Erfolg, sondern die Begabung und den Willen, den Weg dorthin zu gehen, so steinig und lang er auch ist.

 

Ich würde mich selbst nicht als willensschwach bezeichnen. Ich habe Dinge geschafft und geschaffen, auf die ich stolz bin und die andere in zwei Leben nicht schaffen. Aber ich bin nicht willens und in der Lage, das nach außen zu tragen. Das zur Botschaft werden zu lassen und als Werbestrategie zu nutzen.

 

Damit geht es mir wie vielen andern Autor*innen auch. Wenn man bedenkt, wie viele Bücher jedes Jahr verlegt werden, muss man berücksichtigen, dass eben nicht jedes dieser Werke das beste, geilste, bahnbrechendste, wegweisendste sein kann. Nicht alles ist Nationalliteratur oder gar für Weltruhm geeignet. Aber wie ich bereits in „Vom Anspruch in Unterhaltung“ beschrieben habe, liegt dies im Auge des Betrachters. Frei nach dem Motto: „Das ist Geschmackssache, sagte der Affe und biss in die Seife.“

 

Ich poste aus diesem Grunde auch keine Vorabauszüge aus meinen Büchern mehr, allenfalls in einem kleinen Kreis, aus dem ich diversifiziertes Feedback erwarte. Denn viele Köche verderben den Brei. Viele Autoren den Text. Wenn ich mich allen Ratschlägen und Verbesserungen gebeugt hätte, wäre mein erster Roman immer noch nicht erschienen. Ich weiß, dass ihn viele scheiße finden und jeder irgendwas anders oder schöner geschrieben hätte. Dann wäre es aber nicht mehr mein Roman. Und  inzwischen habe ich sechs Romane und ein Drama veröffentlicht, schreibe an zwei weiteren Romanen und habe ein Bildmärchen fertig in der Schublade. Ich lese viel und bilde mich weiter. Ich nutze ein professionelles Lektorat. Ich könnte also locker sagen: „Hört auf, an meinen Texten rumzukritteln, ihr Ficker, und kümmert euch um euren eigenen Scheiß, den wiederum ich nicht lesen will und werde, weil es nicht meine Seife ist.“

 

Nicht mein Zirkus, nicht meine Affen.

 

 

Aber dafür bin ich zu nett. Das wage ich noch nicht mal zu Ende zu denken. Ich komme höchstens bis „rumzukritteln“. Dann überfallen mich wieder die Selbstzweifel und …

 

Ach, was soll’s. Ich bin einzig und allein neidisch auf dieses selbstsichere Gehabe. Diejenigen, die in meinen Augen wirklich gut schreiben, machen so etwas nicht. Ihr Auftritt ist so subtil wie ihre Sprache. Wenn ihnen etwas auffällt, schreiben sie mir oder anderen Kolleg*innen diskret und teilen ihre Anmerkungen mit.

 

 

Diejenigen, die ungefragt öffentlich vermeintliche Mängel monieren, suchen diese Öffentlichkeit ausschließlich um ihrer selbst willen. Das ist kein ehrliches Hilfsangebot, sondern reines Aufmerksamkeitsheischen. Und daran gehen vielen sensible, aber oft sogar bessere Autor*innen zugrunde; am zur Schau getragenen Narzissmus derer, die sich im Literaturbetrieb für unentbehrlich halten. Und diese Figuren sind nicht nur für das schreibende, sondern auch für das Marketing betreibende Ego tödlich.

 

Man muss nicht immer alles kommentieren, auch wenn es in den Fingern juckt. Man kann auch einfach weiterscrollen und einen als schlecht empfundenen Text so stehen lassen. Selbst wenn man glaubt, dass sich jemand damit zum Affen macht.

 

 

 

Worauf wollte ich eigentlich hinaus?

 

 

Ach ja. Auf: Es wäre schon ziemlich geil und würde mir ein innerliches Blümchenpflücken bereiten, wenn ihr meine Bücher kauft und mich weiterempfehlt. Jetzt.

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Vero Havre (Dienstag, 03 Dezember 2019 21:00)


    Kauft Larissas Bücher. JETZT!

  • #2

    Tamara (Mittwoch, 04 Dezember 2019 13:49)

    Aber genau das ist es doch, was dich und deine Bücher so besonders macht und weshalb ich sie wieder und wieder lesen kann. Du bist „Klasse statt Masse“ Autorin und in jedem deiner Bücher steckt Herz. Du veröffentlichst keine 08/15 Geschichten nur weil Sie sich gut verkaufen würden.
    Und solange dir das Öffentliche-Eigenlob-Gen fehlt, übernehmen die „Eschberger“ das einfach und werben, teilen, empfehlen dich und deine Bücher <3