Guter Rat ist teuer. Anderer kostet Nerven.

 

Ich bin nicht überrascht. Aber enttäuscht. Wobei … nein. 

 

Enttäuscht klingt wie ein schmollender Vierjähriger, der sich Chase als All-in-Paket gewünscht und nur Rocky von der Paw Patrol als Plüschtier bekommen hat. Ohne Bellen und Equipment. 

 

Ich bin eher genervt. Auch ein bisschen, wie der Vierjährige, weil er es seinen Eltern hunderttausend Mal gesagt hat. Chase. Den Polizeihund. Mit Megafon, leuchtender Dienstmarke und der Paw-Patrol-Clubmitgliedschaft auf Lebenszeit. Keine Ahnung, ob es das gibt. Annähernd bestimmt. 

 

Und klar, der Schäferhund mit dem blauen Schirmhut ist sicherlich teurer als der Stoff-Rocky, der einfach nix kann oder macht. Den man auch in der Serie kaum wahrnimmt. Außer für seinen Spruch „nichts verschwenden, wiederverwenden“. 

 

 

 

Äh, Larissa, was redest du?

 

Ach so, ja. Die Rede ist von der gestrigen Ratssitzung und der Diskussion sowie Abstimmung zur Nachnutzung des Freibadgeländes in Hiesfeld. 

 

 

Ich sehe ja gerne extra 3. Extra trocken. Extra auf den Dritten. Eigentlich. Gestern hatte ich das Gefühl, mittendrin statt nur dabei zu sein. Rubrik: Der reale Irrsinn.

 

Ich war Teil der Menge, die es interessiert, was da so in ihrem Namen entschieden wird. Teil der Menge, die Vertrauen haben soll und Respekt vor der Arbeit der Stadtverordneten, wie es Herr Steinbeißer (SPD) forderte.

 

 

Wobei mich allerdings wundert, dass sich die Fühlys des Herrn Steinbeißer nur auf die vermeintlichen Buh-Rufe, die ich eher als umzustimmendes Raunen und Brummen vernommen habe, und den seines Erachtens unpassenden Applaus für den Plan des Professor Lenzen bezogen.

Hallo!? Es gab gestern Popcorn und Freigetränke – enjoy the show, sponsored von DIE PARTEI Dinslaken. Bei Herrn Steinbeißers konservativem Weltbild hätte ich noch am ehesten dafür Kritik erwartet. 

 

 

So wie sie mir seinerzeit zuteilwurde, da ich anno 2018 den Ratssaal mit Popcorn und Bionade enterte, als es um den Bürgerentscheid zum Bahnhofsvorplatz ging. Konnte ich damals schon nicht verstehen. Wären den Stadtverordneten matschige Tomaten und faule Eier lieber gewesen? Könnt ihr haben. Sagt mir bitte Bescheid. Schickt aber diesmal nicht unbedingt euren hier ab und an kommentierenden Fanboi Tom Szam. vor, der weiß nämlich leider nicht so ganz, wovon er redet. Meine Kontaktdaten habt ihr ja. 

 

Und wenn Ihr euch schon meldet, könnt ihr mir ja auch gerne folgende Frage beantworten:

 

 

Warum saßen denn so wenig Unterstützer der Mehrheit in den Reihen des Publikums?

Den FC Bayern wollen seine Fans doch auch siegen sehen.

 

 

Keine Sorge, falls ihr das nicht wisst, ich hab kurz mal bei den einfachen Parteigenossen gefragt:

 

„Tue ich mir nicht an.“

„Man darf ja dazu nix sagen.“

„Warum soll ich mich [im Anschluss an die Ratssitzung] rechtfertigen?“

„Wollte eh austreten.“

„Wenn ich könnte, wie ich wollte …“

 

Nun. CDU, SPD und UBV sind ja nicht die Parteien, die für den Fokus auf basisdemokratische Entscheide bekannt sind. Daher verwundert es mich nicht, dass dort so wenig Unterstützer der eigenen Sache saßen. Die scheinen nämlich außerhalb der Fraktionen eher rar gesät. Aber das nur am Rande. 

 

 

Das Werben um Respekt stößt bei mir übrigens ähnlich auf Granit wie der Satz „beruhig dich doch mal.“

Unter uns: Hat sich dadurch jemals ein Mensch beruhigt?

Meine Vorschusslorbeeren in Sachen Respekt sind seit gestern verbraucht. Zumindest bei einzelnen Stadtverordneten und ganzen Fraktionen. Bei denen halt, die sich selbst wie der oben skizzierte Vierjährige verhalten haben. Uneinsichtig, trotzig, egozentrisch und naiv. 

Was jetzt eben auch erklärt, warum ich mich so schwertue, mein Gefühl zu beschreiben, dass das Schieben der Entscheidung in die nächste Ratsperiode [gute Witze über Menstruation findet ihr hier] erzeugt hat. 

Es war aufgrund durch die Mehrheit der beantragenden Fraktionen – selbst bei gutgemeinter geheimer Abstimmung – zu erwarten. 

 

 

Als ich den Antrag Montagabend gelesen habe, hat er bereits ein Gefühl von Ohnmacht erzeugt. Im Sinne von Machtlosigkeit, bevor mir hier jemand Schwindsucht andichtet. 

 

Ohnmacht. Bedeutungslosigkeit als Bürgerin.

 

Ach je, jetzt hat sie wieder Fühlys. 

 

Ja. Die Emotionalität in Sachen Freibadnachnutzung ist inzwischen auch bei mir angekommen. Ich müsste lügen, würde ich sagen, sicher zu sein, dort jemals schwimmen gewesen zu sein. Was zum einen daran liegt, dass ich im Mittelmeer schwimmen gelernt habe und erst 2009 nach Dinslaken gezogen bin. Schwimmen war eh nie so meins. Freibadpommes schon eher. Ist aber auch egal. Mir fehlt nicht das Freibad, aber ich respektiere den Wunsch meiner Mitbürger*innen, die daran festhalten. Egal, warum. Demokratie und so, ne?

 

Aber da fällt ja auch erst noch ein Urteil.

 

 

 

Zurück zu den Fühlys.

 

 

Da das Gutachten aussagte, dass man an dieser Stelle kein neues Freibad bauen kann, entwickelte man mit Bürger*innen zusammen nach einem Ratsbeschluss also den Plan zur Nachnutzung. Sowas macht man dann, wenn man eine breite und hohe Akzeptanz einer Entscheidung und deren Umsetzung möchte. Hab ich gelernt. Hab ich sogar ne Urkunde zu! (Wir Deutschen sind ja so geil auf Abschlüsse, dass ich das an dieser Stelle mal erwähnen will.)

 

Sinngemäß hat aber Heinz Wansing (CDU) kürzlich im Hauptausschuss gesagt, dass sowas ja nur eine Empfehlung der Bürger*innen ist und man als Stadtverordnete das letzte Wort hat. 

 

 

J00nge …

 

[J00nge liest sich genervt und mit Augenrollen: Juuunge.] 

 

Da musste ich mal kurz an mich halten. Seit zweieinhalb Jahren – im Auftrag des Rates – forschen und arbeiten Verwaltung, Bürger*innen und Expert*innen zu Bürgerbeteiligung. Der IAP, den wir im Auftrag der Stadt entwickelt haben, und der eigentlich schon vom Rat verabschiedet und ihm hinlänglich bekannt sein sollte, sieht genau das vor. 

Fühlte sich ein bisschen an wie eine schallende Ohrfeige. 

 

Den Eisbeutel zum Kühlen eben jener verwundeten Stelle legte dann – und das dann eben doch zu meiner Überraschung – unsere Bürgermeisterin auf. 

 

Ich hatte sie ja vor einiger Zeit gescholten, was ihr Wahlversprechen insbesondere in Sachen Transparenz betraf. 

 

Als Vorsitzende des Aufsichtsrates der Stadtwerke darf sie zwar auch nicht aus dem Nähkästchen plaudern, aber ein bisschen mehr Transparenz in dieser Angelegenheit wäre wünschenswert gewesen. Vermutlich sagt sie allerdings dasselbe über die Gespräche zwischen UBV, SPD und CDU mit den Stadtwerken. 

 

 

 

Ich schweife ab. Sorry

 

Gestern Abend hat sie mir richtig, richtig gut gefallen. (Also bis 19.15 Uhr – was danach war, weiß ich nicht, da ich beim Erklingen der Stimme von Herrn Wansing irgendwie juveniler Ratsflucht anheimgefallen bin. Das kann ich ja morgen in der NRZ nachlesen.)

 

Souverän. Klar. Tacheles halt. Und ich kann so gut verstehen, warum sie keinen Bock hat, sich die Goldene Arschkarte ans Revers zu heften wie sich andere Leute ihr Parteiabzeichen. 

 

Sie mit einem Dialog bzw. der Ausarbeitung eines Kompromisses zu beauftragen und gleichzeitig mit einem Ratsbürgerentscheid zu drohen, nachdem unter ihrer Beteiligung und Verantwortlichkeit bereits ein runder Tisch in Form einer Bürgerbeteiligung gelaufen ist – wie frech ist das bitte?

 

Wir hatten es ja kurz davor zum Thema Respekt und Anstand. Beides ließ die monierende SPD da selbst vermissen. 

Ich habe es sehr begrüßt, dass Frau Eislöffel deutliche Worte gefunden hat. Diese werden ihr die zukünftige Zusammenarbeit sicher nicht erleichtern, aber ich hoffe, dass ihr neu aufgestelltes Führungsteam das abfedert. Keine leichte Aufgabe, aber vielleicht gelingt es ja, einen Keil zwischen die fraternisierten Fraktionen zu treiben.

Deren Blutsbrüderschaft mit Herrn Kremer dürfte inzwischen ja eine Thrombose bekommen haben ... Speziell nach der Filibusterrede des Herrn Ronny Schneider (SPD) gestern.

Tonspur war ja noch nie meine bevorzugte Art, Sachen zu verstehen, aber es fällt mir auch mehr als 12 Stunden später noch schwer, diesen Kadaver von Nopology zu verdauen. 

 

Und allen Ernstes, liebe SPD, wann bitte hätte denn der Plan der Stadtwerke vorgestellt werden sollen und wem?

Außerdem hätte Herr Kremer, wenn nicht ein gewisser Druck dagewesen wäre, auch ablehnen können, diesen Plan, den jeder Förderschüler besser gestaltet hätte, vorzustellen. Ihr habt mit CDU und UBV zusammen dafür gesorgt, dass dieses powerpointgewordene Ideensammelsurium eines Vierjährigen auf Nutellastütchen überhaupt aus der Schublade/Versenkung gezogen wurde. Hätte der Rat darüber abstimmen sollen, ohne ihn je gesehen zu haben? Oder hätte er gestern mal eben durchgehechelt werden sollen? Wäre er dann besser und belastbarer gewesen?

 

Wie unsere Bürgermeisterin gestern sinngemäß sagte: Es gab mehr als zwei Jahre die Möglichkeit, sich einzubringen, Änderungen vorzuschlagen und Bedenken zu äußern. Limits vorzugeben. 

 

Wie viel Zeit und Förderprogramme wollt ihr denn jetzt noch ins Land ziehen lassen, bevor ihr euch zu einer tragfähigen Entscheidung bereit fühlt?

 

Ich weiß, es ist viel Stoff, die Vorlagen sind umfangreich und auch ihr habt irgendwann input error. [Das meine ich jetzt ausnahmsweise ganz ironiefrei.] Aber wäre schön, wenn ihr mir und den Bürger*innen der Stadt Dinslaken dazu mal eine nachvollziehbare Antwort gebt. Ich geh derweil mal am Bahnhof Bagger gucken.  




PS [edit 13:35 Uhr]: Respekt an Birgit Roßbach-Dorbandt (SPD), die für die Ratssitzung extra ihren Urlaub unterbrochen hat. Ihr nehme ich seltsamerweise ohne Zweifel ab, dass sie gewissenhaft und bürger*innenorientiert denkt und arbeitet. Schneide[r]t euch gern mal eine Scheibe von ihrer Haltung ab, lieber SPD-Rest, CDU und UBV. 

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Kommentare: 1
  • #1

    Dorffreund (Mittwoch, 28 September 2022 17:11)

    Moin,
    det iss doch eijentlich ganz einfach, wah.

    Die SPD hätte sich inne Bürgerdinges einbringen können. Hat se nich.
    Die CDU hätte sich inne Bürgerdinges einbringen können. Hat se nich.
    Die UBV hätte sich inne Bürgerdinges einbringen können. Hat se nich.

    Selbst die Stadtwerke hätten sich einbringen können. Haben se nich.

    Also isset doch ganz einfach: Fresse halten und akzeptieren, dass se es verkackt haben.

    Können se aber nicht, weil se nicht mehr mitbekommen, wat so inne Stadt am laufen ist.